Kommunale Selbstverwaltung
vor dem Aus?
Dramatische Finanzlage
der Kommunen
"Viele Kommunen sind insolvent, auch wenn sie es momentan noch nicht werden können." Mit dieser bemerkenswerten These eröffnete Dr. Kirsten Witte von der Bertelsmann-Stiftung das Symposium "Kommunale Selbstverwaltung vor dem Aus?" in Berlin. Veranstalter war neben der Bertelsmann-Stiftung die "komba" Fachgewerkschaft des "dbb Beamtenbundes und Tarifunion".
Dr. Hans Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, übte in seinem Referat Kritik am Titel der Veranstaltung: Selbstverständlich stünde die kommunale Selbstverwaltung nicht vor dem Aus. Sie wäre zwar auch vom Geld abhängig, aber eben nicht nur. Bei aller Dramatik sei die Finanzlage der Kommunen immer noch besser als die des Bundes und der Länder: "In der Öffentlichkeit entsteht ja oft ein anderer Eindruck."
Entschieden widersprach Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) dieser Aussage: Man könnte nicht so tun, als gäbe es eine Finanzlage der Kommunen. Vielmehr müsste zwischen den unterschiedlichen Situationen der einzelnen Gemeinden unterschieden werden.
In seinem emphatischen Vortrag wehrte sich Dr. Stephan Articus, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetages, gegen jede Überlegung, die Gewerbesteuer zu ersetzen. Das Hauptproblem der kommunalen Finanzen läge auf der Ausgabenseite - besonders auf der sozialen Ebene. An die Regierungskoalition und vor allem an die FDP-Bundestagsfraktion gewandt, beschwor er: "Wir nähern uns dem Kollaps der ersten, zweiten und dritten Gemeinde!"
Auch der Bundesvorsitzende des dbb Peter Heesen stimmte in die pauschale Kritik an der FDP ein: Die Gewerbesteuer zu ersetzen sei angesichts der finanziellen Situation der Gemeinden ein Fehler. Außerdem sei es falsch, über Steuersenkungen zu diskutieren.
Im Anschluss an die Einleitungsreferate konnten die Teilnehmer des Symposiums in drei parallelen Workshops rund 15 Minuten über die Einnahmen- und Ausgabenseite der Kommunen diskutieren.
Argumente bekannt,
Erkenntnisse nicht neu
In der abschließenden Podiumsdiskussion sprachen sich die meisten Diskutanten für die Beibehaltung der Gewerbesteuer aus. Sie warnten vor den aus ihrer Sicht dramatischen Folgen, sollte diese Steuer ersetzt werden.
Diesen Befürwortern der Gewerbesteuer trat die kommunalpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Gisela Piltz entgegen: "Wenn die Gewerbesteuer so toll ist, warum gibt es dann die ganzen Probleme?" Den Grundtenor der Veranstaltung vermochte sie mit ihrer rhetorisch gemeinten Frage nicht zu verändern: Die üblichen Argumente wurden wie erwartet vorgetragen, neue Erkenntnisse blieben aus.
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